Die Resonanz von Mensch und Tier – und warum Nervensystemregulation der Schlüssel zur Tierkommunikation ist
- Sandra Fischer
- 14. Nov.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 15. Nov.
Einführung
Tiere reagieren auf unsere innere Verfassung – viel stärker, als wir es im Alltag wahrnehmen. So wie Kinder auf den Zustand ihrer Bezugspersonen reagieren, nehmen auch Tiere fein wahr, ob wir präsent, gestresst oder innerlich angespannt sind.
In diesem Artikel möchte ich erklären, warum die Regulation des eigenen Nervensystems die Grundlage für echte Verbindung ist – und wie sie für mich persönlich den Weg in eine klare, vertrauensvolle Tierkommunikation öffnet.
Neurozeption: Wie unser Körper Sicherheit oder Gefahr bewertet
Jedes Lebewesen verfügt über ein inneres Frühwarnsystem: die Neurozeption. Sie bewertet unbewusst, ob eine Situation sicher ist oder Gefahr birgt. Diese Bewertung bestimmt, welcher Teil des autonomen Nervensystems aktiv wird – und damit, ob wir entspannt bleiben oder in Stress geraten.
Traumatische Erfahrungen oder ungünstige Lernerfahrungen können diese Bewertung verzerren. Ein kleiner Auslöser reicht dann, um uns in Anspannung oder Schutzverhalten zu bringen.
Beispiel aus dem Alltag: Betritt eine Lehrperson bereits gestresst den Klassenraum – mit angespannter Mimik, scharfem Tonfall oder innerer Abwesenheit – reagieren die Schüler*innen darauf. Ihre Neurozeption meldet Unsicherheit. Unruhe und mangelnde Aufmerksamkeit sind vorprogrammiert.
Kommt dieselbe Lehrperson hingegen reguliert, geerdet und präsent in den Raum, fühlen sich die Kinder sicher. Sie gehen in Co-Regulation und können zuhören und sich öffnen.
Co-Regulation: Wie wir uns gegenseitig beeinflussen
Dieses Prinzip gilt genauso in der Beziehung zwischen Mensch und Tier.
Es braucht keine speziellen Techniken, um jemanden zu beruhigen. Entscheidend ist der innere Zustand: Präsenz, Weichheit und eine Haltung, die Sicherheit vermittelt.
Eine entspannte, ruhige Körperhaltung wirkt verbindend.
Unsicherheit, Anspannung oder laute Stimme wirken bedrohlich.
Tiere vertrauen nicht Worten, sondern unserem echten inneren Zustand.
Tiere orientieren sich nicht an gesellschaftlichem „So tun als ob“. Sie fühlen, wie wir wirklich sind.
Wissenschaftliche Grundlagen und praktische Methoden der Nervensystemregulation
Die Bedeutung eines regulierten Nervensystems lässt sich wissenschaftlich gut erklären. Die Polyvagal-Theorie des Neurowissenschaftlers Stephen Porges zeigt, dass unser autonomes Nervensystem ständig bewertet, ob wir sicher sind. Diese unbewusste Bewertung – Neurozeption – bestimmt, ob wir verbunden bleiben können oder in Stress gehen.
Darauf aufbauend hat Deb Dana alltagsnahe Methoden entwickelt, die helfen, das Nervensystem in Richtung Ruhe zu bewegen: bewusste Atemzüge, Orientierung im Raum und das Erkennen kleiner Signale von Sicherheit (Glimmers).
Körperorientierte Ansätze wie Somatic Experiencing nach Peter Levine unterstützen dabei, gespeicherten Stress über feine Bewegungen, Atem und sanfte Aufmerksamkeitslenkung zu lösen.
Der Körpertherapeut Stanley Rosenberg hat zudem einfache Übungen zur Vagusnerv-Regulation bekannt gemacht, wie die „Basic Exercise“.
All diese Methoden haben ein gemeinsames Ziel: den Körper in einen Zustand zu bringen, in dem echte Verbindung wieder möglich ist – zu uns selbst und zu anderen Wesen.
Die autonome Ampel nach Porges – ein kurzer Überblick
Nach der Polyvagal-Theorie von Stephen Porges kann man die Zustände unseres Nervensystems wie eine Ampel verstehen:
🟢 Grün (ventral-vagal): Wir fühlen uns sicher, verbunden und präsent. Hier wird echte Beziehung möglich – auch mit Tieren.
🟡 Gelb (Sympathikus): Das System ist aktiviert. Stress, Anspannung oder Kampf/Flucht-Reaktionen entstehen.
🔴 Rot (dorsal-vagal): Überforderung oder Erstarrung. Rückzug, Erschöpfung oder „Abschalten“.
Dieses Modell zeigt einfach und verständlich: Verhalten ist immer ein Ausdruck des aktuellen Nervensystemzustands. Für tiefe Verbindung – auch in der Tierkommunikation – ist daher ein grüner, regulierter Zustand die wichtigste Grundlage.
Warum ein reguliertes Nervensystem echten Beziehungsraum schafft
Ein reguliertes Nervensystem schafft einen inneren Raum, in dem alles sein darf. Echte Verbindung – so wie wir sie uns mit unseren Tieren, Kindern oder Mitmenschen wünschen – entsteht nicht durch Methoden oder Kontrolle, sondern durch Sicherheit, Präsenz und absichtslose Verbundenheit.
Bin ich im Hier und Jetzt, mit mir selbst verbunden und auf Herzebene offen, kann mein Gegenüber darüber in Resonanz gehen. Kinder und Tiere fühlen sich dann sicher und verbunden.
Oft lösen sich Probleme, die man mit vielen Methoden zu bearbeiten versucht hat, plötzlich wie von selbst – einfach, weil sich der innere Zustand verändert hat.
Ein reguliertes Nervensystem ist der tragende Boden, aus dem Vertrauen und echte Verbindung wachsen.
Der Weg in die Tierkommunikation: Warum Regulierung Voraussetzung ist
Nicht nur für die Resonanz des Gegenübers ist die Regulation wichtig. Auch für die Person selbst, die in Verbindung gehen möchte, ist ein Zustand von Präsenz und Offenheit essentiell, der meist im Stressalltag verloren geht. So wird Tierkommunikation schwer. Auch Penelope Smith, die Begründerin der heute bekannten Tierkommunikation, beschreibt diese Bedingungen in ihrem Buch "Gespräche mit Tieren".
Viele Menschen, die Tierkommunikation erlernen, kämpfen mit denselben Herausforderungen:
„Ich kann den Kontakt nicht fühlen.“
„Ich bin unsicher, ob ich wirklich Informationen bekomme.“
„Ich strenge mich so an, aber es kommt nichts durch.“
Die meisten von uns sind in einer Welt aufgewachsen, in der Kopfdenken, Anpassung und rationale Kommunikation dominieren. Intuition und Bauchgefühl haben oft wenig Platz. Diese erlernten Konzepte schaffen bereits Unsicherheit.
Dazu kommen:
Leistungsdruck
die Angst, Fehler zu machen
der Wunsch, „es richtig zu machen“
Anspannung und Unsicherheit
All das blockiert die Herzöffnung, die für Tierkommunikation essenziell ist.
Viele Lehrer*innen für Tierkommunikation arbeiten deshalb mit Meditationen oder Entspannungsübungen, um das System aus dem Alltagsmodus zu holen bevor sie die Teilnehmer*innen in den Kontakt gehen lassen.
Ressourcen: Wie du schnell wieder in Stabilität kommst
Entscheidend für jede Form von Verbindung ist ein Gefühl von Sicherheit. Doch die meisten Menschen laufen im Hamsterrad, sind angespannt oder nicht mehr richtig bei sich.
Ressourcen sind innere oder äußere Elemente, die uns Halt geben und Sicherheit vermitteln. Das können sein:
Erinnerungen an stärkende Erfahrungen
Orte, an denen du dich wohl fühlst
Menschen oder Tiere, die dir Vertrauen schenken
oder ganz einfache körperliche Werkzeuge
Beispiele:
Bewusster Atem: Ein paar tiefe, präsente Atemzüge können das Nervensystem unmittelbar regulieren.
Verbindung mit dem Boden: Das Gefühl, mit dem Boden verwurzelt zu sein, stabilisiert das gesamte System. Vorher-Nachher-Übungen zeigen: Wer sich „verwurzelt“ fühlt, steht tatsächlich stabiler.
Ressourcen ankern: Ein inneres Bild, ein Kraftort oder eine stärkende Erinnerung kann mit einer kleinen Bewegung – z. B. einer Faust – verknüpft werden. Durch die Bewegung lässt sich diese Ressource später sofort aktivieren.
Diese kleinen Werkzeuge helfen sowohl im Alltag als auch als Vorbereitung auf die Tierkommunikation. Sie holen uns wieder auf den "Boden" zurück und ermöglichen, dass wir zu uns kommen und uns konzentrieren können.
Meine Methode: Nervensystemregulation, Ressourcen und Körperwahrnehmung
Der für mich wirksamste Weg in eine klare Verbindung entstand durch meine Ausbildung zur Trainerin für Bunte Intelligenz® Methoden nach Olivia Maciejowski. Diese Methoden beziehen sich unter anderem auf die Grundlagen von Stephen Porges und Stanley Rosenberg.
Diese Arbeit bringt Menschen in:
echtes Körpergefühl
tiefe Präsenz
innere Weite
sichere Herzöffnung
Viele Menschen haben verlernt, wie sich ihr eigener Raum und ihr innerer Halt anfühlen. Durch diese Methoden wird er wieder spürbar – und damit entsteht die Grundlage für tiefe Verbindung. Alternativ können andere Methoden der Nervensystemregulation genutzt werden. Für mich sind wissenschaftliche Grundlagen wichtig.
Wenn ich mit Tieren arbeite:
Reguliere ich zuerst mein eigenes Nervensystem, bis ich im „grünen Bereich“ bin.
Ich verbinde mich mit meinem Körper, über Bewegung und Atem (Anspannungszustände lösen sich am besten über Bewegung. Der Atem ist bereits die kleineste Form der Bewegung).
Ich fülle meinen inneren Raum, mit Präsenz und Liebe.
Erst dann gehe ich in die Verbindung mit dem Tier.
Auf diese Weise kann sich das Tier sicher öffnen. Gleichzeitig fühlen sich auch die Menschen, die mich um Hilfe bitten, gehalten – denn auch für sie können in der Tierkommunikation herausfordernde Themen sichtbar werden.
Und der derjenige der die Tierkommunikation durchführt, hat ein wesentliches Fundament um der Verbindung zum Tier zu trauen. Fühlt man sich selbst sicher und in sich selbst präsent, kann man auch dem Vertrauen was man wahrnimmt.
Fazit
Tierkommunikation ist keine Technik, die man einfach „anwenden“ kann. Sie ist ein Beziehungsgeschehen, das auf Sicherheit, Präsenz und echter Verbundenheit beruht.
Ein reguliertes Nervensystem ist dabei der Schlüssel – für uns und für unsere Tiere. Es öffnet die Tür zu klarer Wahrnehmung, Vertrauen und einer liebevollen, authentischen Verbindung.

Kommentare